Zur Hauptnavigation springen Zur Suche springen Zum Inhalt springen
InstagramRSSPrint

Acht neue Stolpersteine in Steglitz

Am Donnerstag, den 29. Oktober 2020 ab 14 Uhr werden acht neue Stolpersteine im Bereich der Matthäus-Kirchengemeinde verlegt. Vertreterinnen des Netzwerks Erinnerungskultur im Kirchenkreis Steglitz haben die Biografien von deportierten und ermordeten Steglitzer Bürgern recherchiert: Sabine Davids hat die Lebensläufe von Gertrud Müller, der Schwestern Brodnitz und Lina Friedländer ermittelt. Die Biografien von Rosalie Wolf, Elka Eder, Rosalie Freudenthal und Eugen Pincus haben Dr. Petra Fritsche und Angelika Hermes von der Friedenauer Stolperstein-Initiative erstellt.

14 Uhr, Martinstraße 3, 12167 Berlin

Gertrud Blumenthal (geb. am 30. September 1892) stammte aus einer jüdischen Familie. Von 1913 bis 1939 war sie als Sekretärin in einer Anwaltskanzlei in Berlin tätig.

Aufgrund ihrer Heirat mit Adolf Müller, der nicht jüdischer Abstammung war, hatte sie bis zu dessen Tod im März 1942 Schutz vor einer Deportation durch die Nationalsozialisten. Adolf Müller war seit 1928 alleiniger Eigentümer des Hauses Martinstraße 3.

Nach dem Tod ihres Ehemannes verlor Gertrud Müller nun den Schutz vor Verfolgung als Jüdin. Sie erbte die Hälfte der Immobilie Martinstraße 3, die beiden Kinder aus erster Ehe von Adolf Müller die andere Hälfte. Gertrud Müller sah sich jedoch rasch zum Verkauf ihres Hausanteils zum Schleuderpreis an den Stiefsohn gezwungen. Unmittelbar danach musste sie ihre Wohnung 1943 verlassen.

Gertrud Müller wurde am 15.11.1943 in das Ghetto Theresienstadt deportiert.

Von dort wurde sie am 15.05.1944 nach Auschwitz deportiert und sofort ermordet.

Sabine Davids

14.30 Uhr, Deitmerstraße 6 und 11, 12163 Berlin

Rosalie Semmel (geb. 7. Januar 1871 in Borek) war Näherin und lebte 1897 in Dresden, wo sie nichtehelich einen Sohn gebar, Arno Bruno, der einen Monat nach der Geburt starb.

1905 lebte Rosalie in Berlin in der Brunnenstraße 185. Als Trauzeugin bei der Heirat ihrer Schwester Adela lernte Rosalie den Schriftsteller und  Verlagsbuchhändler Bruno Wolff-Beckh kennen. 1923 heirateten die beiden in der Wohnung von Bruno Wolff-Beckh, in der Flensburgerstraße 6 (heute Deitmerstaße 6).

Rosalies Schwester Adela wohnte mit ihrem Ehemann, dem Dekorateur Ferdinand Hugo Wilhelm Restin in der Düppelstr. 30. Beide Schwestern verwitweten früh: Rosalies Ehemann Bruno Wolff-Beck starb 1925, Adeles Ehemann Hugo Wilhelm Restin 1927.

Rosalie Wolff musste im März 1942 ihre Wohnung in der Flensburgerstraße 6 verlassen und in die Franseckystraße 2 ( heute Sredzkistraße) ein möbliertes Zimmer 1. OG  bei Mellinger einziehen.

Am 10. August 1942 wurde Rosalie Wolff  nach Theresienstadt deportiert, wo sie am 6. Januar 1943 ermordet wurde.

Ihre Schwester Adela Restin wurde am 10. Januar 1944 deportiert, ihr Sohn Max Restin überlebte.

 

Elka Etka Stern (geb. 13. Januar 1889 in Tarnow in Galizien, damals Österreich-Ungarn, heute Polen) arbeitete als Putzmacherin in Berlin.

Sie heiratete am 18.12.1919 Fritz Karl Eder, der evangelisch war. Elka und Fritz wohnten in der Flensburger Straße 11, die 1952 in Deitmerstraße umbenannt wurde.

Die Ehe wurde am 26.1.1924 geschieden.

Elka wurde am 19. Januar 1942 nach Riga deportiert und sofort nach Ankunft ermordet.

 

Angelika Hermes und Dr. Petra Fritsche

15.10 Uhr, Hubertusstraße 5, 12163 Berlin

Rosalie Steinmetz (geb. 23. Juni 1889 in Odessa) heiratete im Juni 1911 den Kaufmann Max Freudenthal. Sie wohnten in der Hubertusstraße 5, vorn in einer Zweizimmer-Wohnung. Am 4. März 1912 wurde ihr Sohn Heinz Hermann geboren.

Rosalies Ehemann starb am 28. Oktober 1938. Als Untermieterin von Rosalie Freudenthal zog Augusta Rosenzweig ein. Diese arbeitete in der Blindenwerkstatt Otto Weidt, bis sie am 12. Januar 1943 nach Auschwitz-Birkenau deportiert und dort ermordet wurde. 2006 wurde für Augusta ein Stolperstein in der Hubertusstraße verlegt.

Rosalie Freudenthal tauchte im Mai 1943 tauchte sie unter und konnte eine Zeitlang versteckt leben. Am 12. Oktober 1944 wurde sie mit dem 58. Osttransport nach Auschwitz deportiert und ermordet.

Rosalies Sohn Heinz Hermann und seine Ehefrau Ruth Lipski  wurden bereits am 9. Dezember 1942 nach Auschwitz deportiert und ermordet. Für sie und die Familie Lipski wurden in der Bochumer Straße 18 im September 2009 Stolpersteine verlegt.

Angelika Hermes und Dr. Petra Fritsche

15.30 Uhr, Dünther Straße 11, 12163 Berlin

Eugen Pincus (geb. 12. April 1878) war Bankbeamter. Nach seiner Heirat mit der nicht-jüdischen Operationsschwester Berta Fanny Stein im Oktober 1912 zog Eugen mit seiner Ehefrau in die Feuerbachstr. 6 (ab 1934 die Nr. 56).

1936 zog Eugen Pincus mit seiner Frau in die nahegelegene Düntherstraße 11.

Einige Jahre später wurden Eugen Pincus und seine Frau gezwungen, in die Albrechtstraße 38 umzuziehen, ein Haus, in dem bereits mehrere Jüdinnen und Juden wohnten.

Eugen Pincus sah keinen Ausweg als die Flucht in den Tod. Am 1. April 1942 nahm er sich mit einer Überdosis  Schlafmittel das Leben.

Die beiden Brüder von Eugen überlebten in der Schweiz und in Lichtenstein.

Angelika Hermes und Dr. Petra Fritsche

16 Uhr, Zimmerstraße 7, 12163 Berlin

Die Schwestern Frieda Friedmann und Gertrud Curth stammen aus der jüdischen Familie Brodnitz. Ihr Vater Isidor hatte 1870 die Maschinenfabrik Brodnitz & Seydel gegründet, mit Sitz in der Weddinger Müllerstraße 177. Frieda Friedmann wurde am 17. Mai 1885 und Gertrud am 15. Februar 1881 in Berlin geboren.

Frieda lebte mit ihrem Ehemann Max und ihrem Sohn Helmut seit 1932 in der Zimmermannstraße 7 in einer 4 ½ Zimmerwohnung. Das Ehepaar war laut Heiratsurkunde evangelisch. Auch der Sohn Helmut wurde evangelisch getauft. Gertrud, die mit ihrem Ehemann Emil in Trebnitz/Schlesien lebte, zog nach dem Tod ihres Gatten zu ihrer ebenfalls verwitweten Schwester Frieda. In deren Wohnung lebte auch Lina Friedländer, geboren am 17. April 1882, zur Untermiete.

Die Schwestern Brodnitz wurden am 6. August nach Theresienstadt deportiert. Gertrud starb dort am 30. Oktober 1942, Frieda am 15. Februar 1943.

Lina Friedländer wurde am 15. August 1942 nach Riga deportiert, wo sie unmittelbar nach ihrer Ankunft ermordet wurde.

Sowohl der Sohn von Frieda Friedmann, als auch Tochter und Sohn von Gertrud Curth emigrierten vor 1939. Der Sohn von Lina Friedländer überlebte mit seiner Familie in Deutschland.


Sabine Davids

Letzte Änderung am: 03.09.2021