"Praktizierte Nächstenliebe" beschreibt gut, worum es bei "Laib und Seele" geht: Jeden Donnerstag zwischen 13 und 16 Uhr ist die Lebensmittelausgabe im Gemeindehaus der Matthäus-Kirchengemeinde geöffnet. In Zusammenarbeit mit der Berliner Tafel verteilen Ehrenamtliche Lebensmittelspenden an Bedürftige. Schon 48 Berliner Kirchengemeinden machen mit - die Matthäus-Gemeinde betreibt ihre Ausgabestelle seit 2008. Zuletzt musste musste wegen Bauarbeiten im Gemeindehaus monatelang ein Ausweichquartier im Kreisel-Hochhaus bezogen werden. Seit dem 12. Juni ist "Laib und Seele" nun wieder zurück im Gemeindehaus.
Schon Mittwochmorgen fahren die ersten Ehrenamtlichen – immer in Dreierteams – mit dem Transporter los, um Spenden einzusammeln: bei Geschäften und Supermärkten in Steglitz und Lichterfelde. Neben Brot-"Laiben", sprich Lebensmitteln, holen sie auch Drogerieartikel ab und sogar Schnittblumen. Am nächsten Tag ab 8 Uhr herrscht dann Hochbetrieb im Gemeindehaus. 10 bis 20 Helferinnen und Helfer sichten und sortieren die Waren, wuchten Kisten mit Gemüse und Brot auf die Ausgabetische, arbeiten in der Anmeldung und übernehmen die Verteilung.
Donnerstags von 12-12:30 Uhr können sich neue Kunden anmelden, vorausgesetzt, sie können ihre Bedürftigkeit durch ein amtliches Dokument nachweisen (z.B. einen Bürgergeldbescheid) und sie sind im Zuständigkeitsbereich gemeldet. Das dreiköpfige Anmeldeteam teilt sie einer von vier Farbgruppen zu, jede Farbe steht für ein Zeitfenster. Für einen "symbolischen Taler", einen Beitrag von 2 Euro pro Ausgabetag, erhält schließlich jeder Haushalt seinen Teil. Viviane Woldach, die Leiterin der Gruppe erklärt: „Da kommen die unterschiedlichsten Leute, vom Single-Haushalt bis zur achtköpfigen Familie. Unser Team hat gut im Blick, wer was braucht. Es geht aber nicht um Vollverpflegung, mehr um eine Ergänzung für ein bis zwei Tage. Jedes Mal kommen bis zu 150 Haushalte. Am Ende ist dann nichts mehr übrig.“
Das Hilfe-Team ist bunt gemischt. Viele Ehrenamtliche gehören zur Gruppe der sprichwörtlich rüstigen Rentner:innen, andere engagieren sich zusätzlich zu ihrer Arbeit. Manche haben das Projekt als Kund:innen kennengelernt und helfen nun, da es ihnen wieder bessergeht, anderen Menschen in Not. Eine Schülerin aus der Ukraine kam mit ihren hilfesuchenden Eltern, machte sich erst als Übersetzerin nützlich und packt nun in den Schulferien mit an.
Alle Mithelfenden merken immer wieder: Der Name des Projekts ist treffend gewählt. Es geht nicht nur um Lebensmittel, um das "Laib" oder um den "Leib". Am Rande ergeben sich ganz selbstverständlich Gespräche mit den Besuchenden, mit Menschen die ihr Herz ausschütten wollen und Zuspruch brauchen. Zur Grundversorgung kommt so immer wieder die Seelsorge hinzu. In diesem Punkt ist das Team auf Unterstützung angewiesen. Vonseiten der Gemeinde steht ihnen Diakon Heiko Reschke zur Seite. Denn wie heißt es schon bei Matthäus im 4. Kapitel? Der Mensch lebt nicht vom Brot allein …
Marcus Howe