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Stolpersteinverlegungen im Oktober 2022

 

Vier Stolpersteine für Familie Goldstein

Am Freitag, dem 7. Oktober, um 15 Uhr verlegt Michael Rohrmann vier Stolpersteine für Charlotte Goldstein und ihre drei Söhne Helmut, Max und Joachim im Jungfernstieg 18, 12207 Berlin-Lichterfelde.

Nina Haeberlin von der Stolpersteininitiative der Markus-Gemeinde hat zur Geschichte der Familie Goldstein recherchiert: Bereits 1889 hatte Charlottes Vater ein Sanatorium für Nervenkranke im Jungfernstieg errichtet. Nach seinem Tod und dem ihrer Mutter leitete Charlotte die Einrichtung bis zu ihrer Emigration nach Schweden, wohin auch ihre Söhne zuvor geflohen waren.

Nach der Verlegung lädt die Stolpersteininitiative zu einem gemeinsamen Gedenken in die Villa Folke Bernadotte ein (Jungfernstieg 19).

Die Familie Goldstein in Lichterfelde

Die Geschichte der Familie Goldstein in Lichterfelde beginnt im Jahr 1889, als Max Goldstein, Arzt an der Maison de Santé in Schöneberg, gemeinsam mit Albert Lilienfeld das Gesellschaftshaus Lichterfelde im Jungfernstieg 14 erwirbt und dort ein Sanatorium für Nervenkranke und Erholungsbedürftige einrichtet.

Die ersten Jahre wohnt er mit seiner Frau Julie und dem Sohn Fritz im Sanatorium. Hier kommen die Töchter Charlotte, Elisabeth und Sophie zur Welt und verbringen ihre Kindheit in einem herrschaftlichen Haus inmitten einer großen Parkanlage. Sie besuchen die Gemeindeschule, später das Gymnasium bzw. die Krahmersche Höhere Töchterschule. Um 1910 bezieht die Familie eine Villa im Jungfernstieg 18.

Während ihre Geschwister mit der Heirat das elterliche Haus verlassen, bleibt Charlotte im Jungfernstieg und gründet mit ihrem Mann Martin dort eine eigene Familie. 1917 wird der Sohn Helmut geboren, ihm folgen 1919 Max und 1920 Joachim. Martin Goldstein, Nervenarzt wie sein Schwiegervater, richtet seine Arztpraxis in der Goldstein Villa ein. Als Max Goldstein 1918 stirbt, übernimmt Julie Goldstein die Leitung des Sanatoriums.

Bereits 1933 emigriert Sophie mit ihrer Familie nach Schweden. Ihnen folgen 1938 Charlottes Söhne Helmut und Max sowie 1939 ihr jüngster Sohn Joachim und ihr Bruder Fritz mit seiner Familie. 1935 stirbt Julie Goldstein. Nun führt die inzwischen verwitwete Charlotte Goldstein das Sanatorium, doch wird dies unter den Repressionen des NS-Regimes zunehmend schwerer. Immer wieder wird sie bedrängt, Grundstück und Sanatorium zu verkaufen. So entschließen sich Anfang 1940 auch Elisabeth und Charlotte zur Emigration. Das Sanatorium wird an die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland verpachtet, die es die nächsten Jahre als Altenheim nutzt. Die Goldstein Villa wird 1941 vom Nachbarn Manfred von Ardenne übernommen.

Charlotte Goldstein und ihre Söhne kehren nach dem Krieg nicht mehr nach Deutschland zurück. Sie leben ihr Leben in Schweden.

Recherche: Nina Haeberlin

 Einladung zur Stolpersteinverlegung

 

 

Stolperstein in Lankwitz für Ludwig Scherk

Am Samstag, dem 8. Oktober gegen 10.20 Uhr verlegt Gunter Demnig einen Stolperstein für den Parfümfabrikanten Ludwig Scherk vor dessen früheren Wohnhaus in der Lankwitzer Mozartstraße 8–10, 12247 Berlin.

Bereits vor über 10 Jahren war für Ludwigs Ehefrau Alice ein von der Enkelin initiierter Stolperstein verlegt worden. Alice verstarb 1934, vermutlich durch Suizid.

Ludwig Scherk emigrierte 1938 nach London, wo er 1946 verstarb. Die Parfümfabrik wurde 1938 arisiert; Scherk musste an den Konkurrenten Schering verkaufen. Die beiden Söhne konnten ebenfalls emigrieren. Sohn Fritz kaufte nach dem Krieg die Fabrik zurück und baute die Produktion von Scherk-Kosmetikartikeln wieder auf. Die ehemalige Fabrik ist ein beeindruckender spätexpressionistischer Bau in der Kelchstraße in Südende, der sich unter Denkmalschutz befindet.

Ludwig Scherk wurde am 1. Mai 1880 in Schwersenz (Swarzędz), zehn Kilometer östlich von Posen, geboren. Er war das jüngste von neun Kindern. Die Familie siedelte kurz nach Ludwigs Geburt nach Berlin über; der Vater Hermann Scherk war bereits 1880 im Berliner Adressbuch mit einem Getreide- und Spirituosenhandel in der Raupachstraße 13 (Berlin Mitte) verzeichnet.

Zwanzigjährig arbeitete der junge Ludwig Scherk in Frankfurt am Main bei dem weit über die Stadt hinaus bekannten Parfümfabrikanten Dr. Mortiz Albersheim. 1906 bekam Ludwig für Berlin die Alleinvertretungsrechte der Albersheim-Artikel übertragen, 1911 heiratete er Alice Carsch, die Nichte von Moritz Albersheim.

Ab 1911 begann Ludwig Scherk mit einer eigenen Parfüm- und Kosmetikherstellung. Seine Söhne Walter und Fritz wurden 1913 und 1918 geboren. Zum Ersten Weltkrieg wurde Ludwig Scherk eingezogen – in dieser Zeit leitete seine junge Ehefrau die Firma. In den Zwanzigerjahren stieg Scherk zum drittgrößten Kosmetikhersteller in Deutschland neben Schering und Nivea auf.

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten litten auch die Scherks unter den Repressionen gegen die jüdische Bevölkerung. Ehefrau Alice wurde 1934 tot im Wohnhaus in der Mozartstraße 8–10 aufgefunden; Scherks Kosmetikfabrik wurde 1938 durch Zwangsverkauf an Schering arisiert.

Am 9. Juli 1938 emigrierte Ludwig Scherk nach England, wo er 1946 in London starb. Die Söhne Walter und Fritz konnten ebenfalls emigrieren: Beiden gelang über Frankreich die Flucht - Walter in die USA, Fritz nach Israel. Nach Ende des Krieges kaufte Fritz die Fabrik in der Kelchstraße in Südende zurück und baute die Kosmetikherstellung von Scherk-Produkten wieder auf.

Recherche: Sabine Davids

Letzte Änderung am: 15.09.2022