Eine Kultur der Achtsamkeit schaffen

Präventionsteam im Kirchenkreis Steglitz: Carola Meister und Georgia WashingtonDie Beauftragten für Prävention und Intervention Carola Meister und Georgia Washington (rechts)

Die Beauftragten für Prävention und Intervention nehmen ihre Arbeit auf

15. März 2023. Carola Meister und Georgia Washington sind die Beauftragten für Prävention vor und Intervention bei sexualisierter Gewalt im Kirchenkreis Steglitz. Zu ihren Aufgaben gehört unter anderem die individuelle Beratung bei allen Fragen zum Thema sexualisierte Gewalt sowie die Durchführung von Präventions-Schulungen, die für leitend tätige Ehrenamtliche und Hauptamtliche verpflichtend sind. In einem Gespräch äußern sich beide zu ihrem neuen gemeinsamen Arbeitsfeld, das nicht weniger als einen Kulturwandel mit sich bringen soll.
 

Wie kam es dazu, dass ihr diese Beauftragung übernommen habt?

GW: Wir waren beide an der Erarbeitung des Schutzkonzeptes für den Kirchenkreis beteiligt, das die Kreissynode im Frühjahr 2022 beschlossen hat. Dieses wichtige Thema wollten wir dann unbedingt weiterführen.

CM: Es gibt eine kirchengesetzliche Verpflichtung, sexualisierte Gewalt in den Gemeinden zu thematisieren und Schutzmaßnahmen zu implementieren. Wir haben uns von dem Thema bewegen lassen und wollten dazulernen.

Ihr habt eine Fortbildung von EKD und Diakonie mit dem Namen hinschauen – helfen – handeln gemacht, sie ist die Voraussetzung für eure Beauftragung. Hat sich euer Blick verändert? Euer Verhalten?

CM: Ich wusste in dem Bereich nicht mehr als ein paar Schlagzeilen und habe unheimlich viel dazugelernt. Es geht vor allem um Achtsamkeit, Nähe und Distanz. Manche Spiele mache ich jetzt nicht mehr mit. Das hat natürlich auch mit dem Alter zu tun – die eigene Rolle muss in der Arbeit mit Jugendlichen immer mal wieder auf den Prüfstand – aber auch die Fortbildung hat meinen Blick geschärft.

GW: Das kann ich bestätigen. Wir haben Zahlen, Daten, Fakten gelernt, Täterstrategien, Rechtsgrundlagen. Unsere Wahrnehmung zum Aufdecken von Schwachstellen in der Arbeit wurde vertieft – sowohl strukturelle als auch räumliche Schwachstellen. Ich überlege jetzt noch mehr, welche Spiele ich anbiete, ob sie für alle in Ordnung sind, wie ich der Gruppe gegenübertrete und wie ich spreche. Welches Verhältnis ich zu den Jugendlichen haben kann und darf.

Habt ihr Sorge, dass das Thema nicht ernst genug genommen wird? Seht ihr Hindernisse auf euch zukommen?

GW: Ich befürchte, dass das Thema Grenzüberschreitung unter den vielen anderen Themen einer Gemeinde an den Rand gedrängt werden könnte. Dass Leute meinen, mit der Absolvierung einer Schulung sei es getan. So eine Risikoanalyse ist nicht mit einem Mal abgearbeitet, es geht ums Dranbleiben.

CM: Es soll ein Kulturwandel eingeläutet werden und der braucht lange, wir reden da eher von Jahren. Weil wir diese Herausforderungen sehen, verstehen wir uns als Service-Team. Wir sind zu fast allem bereit, machen gerne passgenaue Angebote für die Gemeinden, kommen ihnen entgegen, wo wir können.

Habt ihr schon eine Schulung durchgeführt?

CM: Ja, wir wurden von einem Gemeindekirchenrat angefragt, es war sehr spannend. Trotz mancher Vorbehalte war die Runde offen und wissbegierig. Die Beteiligten haben sich selbst sehr ernsthaft gefragt, welche Bedeutung die neuen Erkenntnisse für ihre Rolle in der Gemeinde haben.

GW: Ich fand die Schulung auch sehr gelungen und für uns lehrreich. Es waren übrigens nicht nur GKR-Mitglieder, sondern auch Hauptamtliche der Gemeinde dabei.

Können Menschen auch übersensibilisiert sein?

CM: Diese Sorge gibt es in der Tat, wir haben das schon öfter gehört: Darf ich jetzt Seelsorgegespräche nur noch zu dritt führen? Wir versuchen an dieser Stelle zu entspannen, ohne die Sache zu einfach zu machen. Am Ende geht es um Sensibilisierung und Betroffenenschutz. Es soll eine Atmosphäre entstehen, in der Menschen auch nachträglich ihr Unbehagen über ungute Begegnungen äußern können. Zum Beispiel per Mail an eine Adresse, die von zwei bis drei Personen gelesen wird, damit Transparenz gewahrt bleibt. Das wäre gutes Feedbackmanagement.

GW: Ich denke, dass man im Gewusel des Alltags eher dazu neigt, den Überblick zu verlieren. Weiß ich noch genau, wo zwei Personen allein im Raum sind, wenn viele in Bewegung sind? Natürlich kann es auch Menschen geben, die überreagieren, aber vor allem ist Überreaktion zu vermeiden, wenn sich eine Person meldet, die etwas beobachtet oder erzählt bekommen hat. Dann heißt es Ruhe bewahren, den Menschen ernstnehmen, keine Aufregung verbreiten, die kreiskirchlichen Beauftragten einbeziehen.

CM: Bitte kein Stillschweigen vereinbaren. Nichts wird ohne den oder die Betroffene und die Zuständigen vor Ort in Gang gesetzt. Zumal eine Anzeige nur von Betroffenen selbst erstattet werden kann. Ist das einmal geschehen, kann die Anzeige nicht wieder zurückgenommen werden. Daher ist eine genaue Prüfung der Lage und eine Abstimmung absolut notwendig.

GW: Deswegen sehen wir unsere Aufgabe primär in der Beratung, in der Aufklärung und der Koordination, wenn Intervention nötig sein sollte. Wir agieren übrigens nicht aus uns selbst heraus, sondern müssen im Interventionsfall die Insoweit erfahrene Fachkraft (InsoFa) einbeziehen.

CM: Lieber uns einmal zu viel – auch anonym – anrufen, eine Situation schildern und sich beraten lassen, als einmal zu wenig.

Welche Erfahrungen habt ihr mit dem Thema Grenzüberschreitung bisher in eurer Arbeit gemacht?

GW: Damit hat man ständig zu tun: Hier ein dummer Spruch, die Frage, ob ein Spiel für alle okay ist oder wie ich mit der Weigerung einer Jugendlichen umgehe, die nicht mitmachen will. Dort ein älteres Gemeindemitglied, das gern mal bei Frauen auf Tuchfühlung geht.

CM: In der Arbeit mit Menschen findet sich jede Menge Stoff dieser Art. Andersherum werden wir in unserer neuen Rolle als Beauftragte gegen sexualisierte Gewalt häufiger ins Vertrauen gezogen. Wir werden von ehemaligen Betroffenen angesprochen, hören deren Geschichten und erleben ihren Zuspruch in Bezug auf die Wichtigkeit unserer Arbeit.

Ich stelle mir vor, dass durch diese Sensibilisierung auch eine Verunsicherung in Bezug auf das eigene Verhalten entstehen kann?

CM: Auf jeden Fall. Ich selbst bin zum Beispiel manchmal touchy, also schnell im Körperkontakt mit anderen. Das sage ich auch überall an, damit es im Raum steht und darauf reagiert werden kann. Letztens habe ich zum Beispiel eine Mutter aus der Schule, die etwas Tolles auf den Weg gebracht hat, einfach umarmt, ohne zu fragen. Hinterher war mir klar, dass ich da nicht nach der reinen Lehre gehandelt habe und war superfroh, als sie mir schrieb, wie gut ihr das getan hätte.

GW: Diese Sensibilisierung ist ein Prozess, mit dem man nicht fertig wird. Und manchmal stellt man fest, dass auch nichts wirklich Schlimmes passiert ist, wie in der Situation, die Carola schilderte. Aber sich dessen bewusst zu sein, ist sehr wichtig.

Was wollt ihr in unserem Kirchenkreis erreichen?

GW: Innerhalb von zwei Jahren alle Leute einmal schulen, die dafür vorgesehen sind. Das Thema voranbringen. Die Menschen in den Kirchengemeinden sensibilisieren. Die Gemeinden bei der Durchführung ihrer Risikoanalyse unterstützen.

CM: Den Grundstein für eine Kultur der Achtsamkeit legen. Den Gemeinden helfen, ein Feedbackmanagement zu etablieren. Eine Kultur schaffen, in der die Sensibilisierung von neuen Mitarbeitenden weitergeführt wird, wenn Personalwechsel stattfinden.

Was ist eure Bitte, euer Appell?

GW: Machen Sie bei unseren Schulungen mit.

CM: Kommen Sie auf uns zu.

 

Fragen: ubo

Kontakt

Carola Meister
Diakonin
Telefon 030 83 90 92 201

Georgia Washington
Gemeindepädagogin
Telefon 030 83 90 92 202

E-Mail

Evangelischer Kirchenkreis Steglitz
Hindenburgdamm 101 B, 12203 Berlin

 

Aufgaben

Schulungen

Weitere Informationen

 

 

 

Über die Beauftragten

Georgia Washington und Carola Meister sind unter anderem ausgebildete Sozialpädagoginnen und schon lange im Gemeindedienst tätig:

Die 34-jährige Georgia Washington hat noch während ihres Studiums zur Gemeindepädagogin begonnen, in der Johann-Sebastian-Bach-Kirchengemeinde zu arbeiten. Sie ist dort seit 12 Jahren zuständig für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, arbeitet bei der Gestaltung von Festen und im Seniorenkreis mit.

Carola Meister (55) ist Diakonin und Supervisorin und schon 26 Jahre in der Paulus-Kirchengemeinde tätig. Sie arbeitet dort mit Kindern und Jugendlichen, mit Teamern und vielen Konfis und mit Frauen.
 

Flyer Prävention zum Download

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